Silvester ist zunächst einmal ein Tag wie jeder andere. Wir frühstückten, dann fuhr der Mann mit dem Motorrad zu einem motorradsitzbankbauenden Bengkel, während ich wenig energiegeladen im Haus herumfuhrwerkte. Ich wischte die Küche, wusch Unterwäsche und pflanzte ein paar Sonnenblumensamen direkt ins Beet. Danach und dazwischen lag ich mit Nina auf dem Sofa herum. Sie ruhte ab und an auf meinem Arm und gab mir einen guten Grund, mich nicht bewegen zu müssen und einfach mal das Nichtstun zu genießen.
Zum Abendbrot gabs Gudeg, danach fuhren wir Kuchen kaufen. Denn eigentlich war ein gemütlicher Abend auf dem Sofa mit Kuchen, Wein und Seriengucken geplant. Unsere Lieblingsbäckerei hatte zu, also fuhren wir zur Almond Bakery. Im dortigen Kühlschrank stapelten sich die Torten nur so und außer uns waren jede Menge andere Pärchen da, die Silvester anscheinend ebenfalls Kuchen essen wollten. Wir wählten eine mit leicht traurigen Erdbeeren und einem roten Pulver garnierte Torte aus (letzteres sah aus wie Chilipulver, war es aber nicht). Wieder daheim angekommen machte ich Yoga wegen Rückenschmerzen und den Abwasch. Eben wollte ich in mein Lieblingssofakleid schlüpfen, da äußerte der Mann den Wunsch nach jalan-jalan (das heißt spazierengehen/-fahren oder halt einfach draußen unterwegs sein). Okay, das konnte ja auch ganz nett werden und nach dem wir uns die Hälfte der (sehr kleinen) Torte einverleibt hatten, fuhren wir zum Laden eines Freundes des Mannes.
Dazu muss erwähnt werden, das Silvester zumindest hier in Yogyakarta zwar das ein oder andere Feuerwerk gezündet wird, aber es längst nicht so krass wie in Deutschland ist. Die letzten beiden Jahreswechsel waren wir ja in Magdeburg und dort begann das Geböllere schon am Morgen, wurde über den Tag zur allgegenwärtigen Geräuschkulisse, erreichte um Mitternacht seinen Höhepunkt und ebbte dann bis zum zweiten oder dritten Januar wieder ab. Hier hatte ich im Tagesverlauf ganze zwei Knaller gehört. Außerdem gibt es so gut wie keine betrunkenen Männergruppen und das finde ich sehr entspannend.
Mit des Mannes Freund und dessen Frau fuhren wir nun zum Alun-Alun Kidul, das ist der südlichere von zwei großen Plätzen (auf Google Maps wird er optimistisch als Stadtwäldchen bezeichnet, dabei stehen dort nur zwei wenn auch große Bäume). Dieser Platz ist schon am Wochenende ein beliebter Treffpunkt, es gibt jede Menge Essensstände, Leute, die fliegendes LED-Spielzeug verkaufen und bunt beleuchtete, pedalgetriebene und mit lauter Musik ausgestattete Autos, in denen zwei bis zwölf Personen den Platz umrunden (und dabei, genau wie in richtigen Autos, im Stau stehen). Am Silvesterabend tummelten sich hier mehrere Tausend Menschen, aber alles war friedlich. Wir setzten uns in ein Lesehan, das ist eine Art des Essens, bei dem eins auf Matten auf dem Boden an entsprechend niedrigen Tischen sitzt, und bestellten gegrillten Mais und Wedang Jahe (ein heißes Ingwergetränk mit leckeren Dingen darin). Inzwischen war es eine halbe Stunde vor Mitternacht und bereits jetzt begann die Feuerwerkerei. Sehr beliebt sind hier diese Röhren, die mehrere mit lautem Knall explodierende Raketen abschießen und dabei bevorzugt in der Hand gehalten werden. Es war schon recht laut und es gab auch einige Fälle, bei denen die Raketen in der Menschenmenge landeten (zum Glück weit weg von uns), aber trotzdem war es viel relaxter als in Deutschland. Und: zehn Minuten nach Mitternacht war es vorbei. Die meisten Leute fuhren direkt nach Hause (und weil sie mit dem Motorrad gekommen waren, gab es auch kaum Stau) und geböllert wurde auch nicht mehr.
Wir kehrten ebenfalls nach Hause zurück. Der Mann feierte noch ein bisschen mit einem Freund und seinem Bruder, aber ich war müde und schlief mit einer schnurrenden Katze im Arm ein.
Liebe Mitlesenden, ich wünsche Euch ein zufriedenes, erfolgreiches und an den richtigen Stellen flauschiges neues Jahr!