Gerüche des Januars

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Allmonatlich veröffentlicht das verehrte Fräulein Read On auf ihrem Blog einen olfaktorischen Monatsrückblick und lädt andere Blogger*innen ein, es ihr gleichzutun. Diesen Monat bin ich ihrer Einladung nachgekommen.

Der Januar beginnt um Mitternacht mit diesem typischen Feuerwerksgeruch. Sekt, der Kleber, mit dem eine Freundin Glitzersteinchen in meinem Gesicht befestigt, Luftschlangen, Schokokuchen, tanzende Füße auf Holzfußboden, mitternächtliche Umarmungen. Silvesteraroma. Und dann der erste Abschied für dieses Jahr.

Zehn Tage lang riecht der Januar Deutsch. Nach dem Haus meiner Eltern, der leicht muffigen Luft in meinen Kisten (die ich gnadenlos ausmiste) und warmer Milch von den vielen Töpfen Milchreis, die ich koche und deren Inhalt ich mit ApfelmusZuckerZimt verspeise. Kindheitsessen, das den Bauch wärmt und die Seele. Kalte Winterluft, Schneeregen, Einkaufszentrum, Wald und Tee.

Dann holen wir die Koffer aus dem Kabuff (in dem es noch so riecht wie früher, als dies noch die Wohnung meiner Großeltern war) und packen. Regionalexpressduft, Flughafenstresshormone, Flugzeugdünste und das Desinfektionsmittel, mit dem ich mich vor den Keimen der Mitreisenden schütze. Es funktioniert, dieser Flug wird der erste sein, nach dem ich nicht mit Fieber das Bett hüte.

Jakarta. Mit Nelkenzigaretten und Flugzeugabgasen gesättigte Tropenluft sickert durch die Spalten der Zugangsbrücke. Der Flughafen riecht ganz wie immer. Draußen schlägt uns die Wärme entgegen, als gingen wir in einen Backofen hinein. Der Mann organisiert den uns abholenden Hotelbus herbei und endlich endlich endlich kann ich mich hinlegen und schlafen. Das Hotel, nur ein paar Jahre alt, riecht irgendwie abgewohnt, nach wassergesättigten Wänden, Zwischenwelt und Klimaanlage.

Der Januar riecht nach Ankommen und Zuhause. Vertraut nach dem warmen Katzenfell, in das ich meine Nase vergrabe. Wie gut es tut, die kleine Nina rund und gesund anzutreffen und nicht mehr in einem Tierklinikkäfig mit Trichter und Tropf und stumpfen Augen. Süße Erleichterung. Wir packen die Koffer wieder aus, richten uns ein.

Motorroller, die Brennöfen der Nachbarschaft, Nebel, so riecht der Januar seitdem. Und immer wieder Regen. Allabendlich packen die Bakmie-Verkäufer ihre Woks aus und der Geruch des heißen Sambals kitzelt meine Nase. Jedes Mal. Morgens essen wir Soto Lenthok, krümeln die leckeren Cassava-Klopse in die heiße Brühe und meine Nase läuft.

Auf der Yogamatte suche ich nach meiner einstigen Gelenkigkeit, sie riecht nach Staub, Schweiß und Füßen auch. Überhaupt nehme ich meinen Körpergeruch in der Tropenhitze wieder wahr und das ist gar nicht so schlimm. Nachmittags drehen wir eine Runde mit dem Fahrrad und kommen an einer Tischlerei vorbei. Draußen stapelt sich Holz in allen erdenklichen Formen und Größen, mein olfaktorisches Highlight jedes Fahrradausflugs.

Beißend der Kleber, mit dem der Mann das Sofa repariert. Verführerisch das neue Katzenfutter, das Kater Manfred dazu bewegt, meine Schulter zu erklimmen. Autsch.

Regentropfen wirbeln Straßenstaub auf. Nasse Erde, nasser Beton und nasse Gummiklamotten sind das Bouquet der Regenzeit. Dazwischen mischen sich in der Sonne trocknende Kissen und mein neues Kokosshampoo.
So roch er, mein Januar in Deutschland, Indonesien und dazwischen.

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