Mein erstes Mal #WMDEDGT

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Am 5. jedes Monats fragt Frau Brüllen „Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?“ und sammelt die Antworten auf ihrem Blog. Ich wollte schon länger mitmachen und habe es endlich nicht vergessen. Hier ein ganz normaler Dienstag in Indonesien.

Viertel sieben wache ich auf, weil der Kater seine hölzerne Aussichtsplattform lautstark zum Kratzbrett umfunktioniert. Ich schnappe mir automatisch Thermometer und Timer, um fünf Minuten später meine Aufwachtemperatur zu wissen. Aha, 36,90 °C. Kurz bevor der Timer aufleuchtet, fällt in der Küche ein Stuhl im. Die Katzen sprinten wild durchs Haus.Es beginnt zu regnen. Ich füttere die Raubtiere, gehe aufs Klo und platziere drei Eimer unter den üblichen Lecks: Vor der Badezimmertür, neben Manfreds Klo, in der Tür zwischen Küche und dem Rest des Hauses. Dann lege ich mich noch mal für eine Stunde hin.

Viertel acht stehe ich auf. Der Mann schlummert noch, die Katzen haben sich wieder beruhigt. Ich trinke mein morgendliches Wasser-Apfelessig-Gemisch und gehe dann in mein Arbeitszimmer. Yogamatte ausrollen, Handtuch zum Kissen falten, zehn Minuten Meditation. Klappt heute nicht so gut. Egal. Dann Yoga. Schon besser. Der Schweiß läuft. Katzenklos ausmisten. Duschen.

Der Mann kommt nicht in die Gänge, ich mach schon mal Oatmeal. Endlich habe ich das perfekte Maß gefunden. Wasser bis über die erste Beule im Aluminiumtopf und so viele Haferflocken, wie in ein Glas passen. Dazu Rosinen, Zimt und Bananen. Das Oatmeal ist fertig, der Mann erscheint zum Eier braten. Das kann er besser als ich. Die Eierqualität ist nicht gut, das Gelb zerläuft, sobald das Ei in die heiße Pfanne fällt und der Mann schimpft.

Wir schnappen uns Nina, Zeit für ihre Augentropfen. Sie hasst die Prozedur und liebt die Entenfleischsnackies, die ich ihr hinterher vor die Nase halte. Dann Frühstück. Oatmeal, Spiegeleier, Kaffee und Master of None. Das Gelbe meines zweiten Eis schmeckt eklig fischig. Bäh.

Nach dem Frühstück gehe ich auf die Terrasse, meine Aussaat vom Sonntag checken. Der Basilikum wächst schon und in der Granatapfelreihe erhebt sich ein Nachzügler. Sehr schön. Ich gucke mich noch kurz um, als ich die tote Katze neben dem Weg liegen sehe. Das gelbe Fell nass vom Regen. Näher will ich nicht rangehen und schicke den Mann. Er berichtet: schwarzes Halsband, weißes Glöckchen, keine erkennbaren Verletzungen. Gelbe Tigerkatzen gibt es viele in der Nachbarschaft, wir denken gleich an die Katze der Nachbarn zwei Häuser weiter, die ich clumsy kitty nenne, weil sie wackelig läuft und dabei die Beine hebt, wie ein Dressurpferd. Die Nachbarn sind nicht daheim und die Leute, die hinter uns wohnen, vermissen keine Katze. Später wird der Körper verschwunden sein.

Aufgewühlt setze ich mich an den Rechner. War es clumsy kitty? Was war die Ursache? Rattengift, Schlangenbiss, ein Unfall, eine Krankheit, ein grausamer Mensch? Letzte Nacht noch geisterte wie immer das Klingeln ums Haus. Ich stehe noch mal auf und drücke mein Gesicht ins tröstliche Manfredfell.

Computerzeit. Auftragsarbeit. Zwischendurch Blogs lesen, ins Forum schreiben, die Fragen für die theoretische Führerscheinprüfung googlen, ein neues Workout-Video runterladen. Heute ist die Internetverbindung gar nicht gut und mein Computer verliert ständig den Draht zum Hotspot, den mein Telefon erzeugt.

Zehn nach zwei kündigen langgezogene „Sateeeeee”-Rufe die Ankunft der Sateverkäuferin an. Den kleinen (heißen!) Grill, die Erdnusssoße, Fleischspieße und lontong (in Palmblättern gekochter Reis) trägt sie auf dem Kopf. Jeden Tag dreht sie ihre Runde. Auch heute, obwohl doch Feiertag ist. Chinesisches Neujahr. Wer Hunger hat, schnappt sich einen Teller und bestellt. Sie setzt sich auf die Stufe unter meinem Fenster und grillt die Sate-Spieße, dabei halten alle Beteiligten ein Schwätzchen. Solche fliegenden Händler’innen gibt es viele hier.

Der Grillduft zieht durchs Haus und weckt unseren Hunger. Der Mann fährt los und kauft Essen. Gemüse, martabak (eine Art frittierte Teigtasche), tempe goreng, berkedel und für den Herrn einen Hühnerkopf. Dazu Reis, was auch sonst.

Später setze ich mich noch mal an den Rechner, während der Mann das Sofa zusammenbaut, das er während der letzten Wochen aufwändig neu gepolstert und bezogen hat. Zusammen putzen wir das Haus, er fegt, ich wische. Die Schaumstofffetzen fliegen überall herum, auch in mein Auge. Es tränt und schmerzt, ich spüle mit Wasser und Augenspülflüssigkeit. Erst nach einigen Stunden fühlt es sich wieder normal an.

Ich klappe noch mal den Rechner auf und übe Indonesisch. Eine neue Lektion. Nachdem Hermann schon im Hotel, am Strand, beim Frühstück und im Bahnhof war, verirrt er sich diesmal in der Stadt. Sieben neue Vokabeln. Das R rollt mir immer besser von der Zungenspitze.

Den Abend verbringen wir zu Hause. Mein Auge tut noch weh. Wir gucken zwei Folgen Shameless, dazu naschen wir von der guten deutschen Schokolade. Dann Bett ausklopfen, Fenster schließen, Nachtbeleuchtung einschalten, die Anti-Mückenlampe neu befüllen, Katzen füttern, Klo saubermachen. Im Bad treffe ich die riesige Krabbenspinne (wahrscheinlich Heteropoda venatoria), die schon vorgestern durchs Haus sauste und irgendwo in meinem Arbeitszimmer verschwand. Sie ist so groß wie meine Handfläche und ihre Facettenaugen reflektieren das Badezimmerlicht. Ich mag diese Spinnen. Sie sind nicht giftig und essen sogar Kakerlaken. Danke, Spinni!

Ich liege im Bett, der Mann ist noch auf. Plötzlich Gepolter aus der Küche. Wir sprinten hin. Manfred kommt aus der Ecke, in der die Fahrräder stehen, eine riesige Maus baumelt leblos aus seinem Maul. Nina umkreist ihn aufgeregt. Der Mann schnappt sich den Kater, ich hole den Eimer aus dem Bad, um die Maus aufzufangen. Doch Manfred lässt nicht los. Tiefes Brummen dringt aus seiner Kehle. Erst ein Entenfleischsnackie bewegt ihn dazu, seine Beute aufzugeben. So eine Aufregung. Die Katzen suchen die Maus, die der Mann hinausbefördert hat und ich lege mich wieder hin. Hörbuch, Schlafen.

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