Gerüche des Februars

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Inspiriert vom famosen Fräulein Read On verfasse ich allmonatlich einen olfaktorischen Rückblick.

Der Februar in Indonesien war erstaunlich geruchsneutral. Ob es an meiner verstopften Nase lag oder dem vielen Regen, der die Luft reinwusch?

Am Anfang roch der Februar allmorgendlich nach Apfelessig, für die Verdauung. Und manchmal auch abends, wenn ich damit die Kalkseife aus meinem Haar spülte.

Der Februar roch nach auf dem Herd köchelnden Kurkumasud mit Tamarinde und Gemüsesuppe. Nach den Thymianpastillen aus Deutschland und dem unglaublich künstlichen Melonenaroma der Halsschmerztabletten aus der Apotheke. Das verschwitzte Bett nach einer Fiebernacht riecht wie ein altes Kirschkernkissen. Wie gut, dass es die tropische Sonne gibt, die das Bettzeug in kurzer Zeit auf sechzig Grad erhitzt und alle Ausdünstungen beseitigt.

Die Katzen dufteten im Februar nach dem mit Lavendel parfürmierten Katzenstreu. Früher fand ich es furchtbar, dass es keine unbeduftete Streu zu kaufen gab. Und gleichzeitig amüsierten mich die tausenden verschiedenen Varianten. Von Babypuder bis Kaffee ist alles dabei. Leider mögen es die Miezen: Als wir endlich einmal parfümfreies Katzenstreu in die Klos füllten, verweigerte Manfred die Benutzung und pinkelte lieber woanders hin. Darum also Lavendel.

Der Februar roch nach zu viel mit Kopfschmerzen am Laptop verbrachter Zeit und leichter Verzweiflung angesichts eines zu geringen Kontostands. Dazwischen mischte sich Baumwollgarn auf schwitzigen Fingern, ein kühler Frosch in meinem Gesicht und immer wieder Regendunst.

Täglich übe ich mit dem Kater, ein Geschirr zu tragen und an der Leine zu gehen. Ich darf es ihm anziehen, die Leine akzeptiert er auch meistens und er kommt zu mir, wenn ich ihn rufe. All das lernt er mit einem Klicker und aus Deutschland mitgebrachten, selbstverständlich getreidefreien Leckerlis. Aktuell besteche ich ihn mit einem Produkt aus Hühnchen und Muscheln, das einen staubig-fischigen Geruch an meinen Fingern hinterlässt.

Wir fahren quer durch die Stadt zu einem Laden, der alles was man zum Backen braucht verkauft, um Rosinen und Nüsse fürs Frühstücksporridge zu erwerben. Im Verkaufsraum kitzeln hunderte Aromen meine Nase, es riecht nach Mehl und Staub und ein wenig so, als sei mal ein Karton mit künstlicher Vanille ausgelaufen. Auch ein Block Schokolade wandert in den Rucksack, der nach nichts riecht und enttäuschend schmeckt.

Plötzlich verbreitet sich Wanzengestank. Wir laufen schnüffelnd durchs Haus und finden schließlich die Quelle des eklig-süß-beißenden Geruchs: Es ist Nina, die ganz unglücklich versucht, ihre Pfote zu säubern. Anscheinend lief sie einer Wanze über den Weg, betatzte sie und wurde mit einer Ladung Stinksaft besprüht. Wir waschen ihr Pfötchen mit den alkoholgetränkten Feuchttüchern, die den Trinkwasserkanistern beiliegen.

Instantnudeln, die nach Curry schmecken, gedämpfte Kuchen und das beste terang bulan der Stadt (eine Art fetter Pancake, in Butter ertränkt und – in diesem Fall – mit Käse bestreut) – die letzten Februartage bescheren mir Heißhungerattacken, die ich mit diversen Leckereien besänftige. Man gönnt sich ja sonst nichts.



Wochenrückblick 8/2019

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Nichts los| Genau das war mit mir in der letzten Woche, denn pünktlich zum Montag wurde ich krank. Seit ich in Indonesien lebe, habe ich selbst bei kurzen Erkältungen mindestens einen Tag Fieber. Wahrscheinlich kennt mein Immunsystem auch nach vier Jahren noch nicht alle Viren, die hier so rumschwirren. Und so lag ich meistens einem Hörbuch lauschend herum, trank vom Mann gebrauten Jamu aus Kurkuma und Tamarinde und besserte mich.

Putzwahn| Sobald ich wieder halbwegs gesund bin, folgt bei mir auf mehrere Krankheitstage ein Putzanfall. Kaum war mein Kopf wieder halbwegs frei, wischte ich das Haus und brachte gemeinsam mit dem Mann die Küche auf Vordermensch. Das tat gut.

Besuchskatze| Seit etwa einer Woche wohnt auf unserer Terrasse eine Katze aus der Nachbarschaft. Alles begann mit ihrem hungrigen Miauen und einer Handvoll Trockenfutter. Inzwischen schläft sie auf unserer Bank und sobald ich auch nur meine Nasenspitze durch den Türspalt schiebe, kommt sie hoffnungsvoll angehopst. Nur: Die Miez ist eindeutig tragend und versucht mittlerweile, ins Haus zu schlüpfen. Unsere Katzen sind aber nicht durchgeimpft und so eine Streunerin – mag sie auch freundlich sein – hat Flöhe und Würmer. Wegen den Babies können wir sie nicht behandeln, also bleibt sie draußen. So leid es mir auch tut.

Gehäkelt|

Wochenrückblick 7/2019

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Im Wald| Montag besuchte ich eine neue Freundin, die etwas abgelegen auf einem Hügel wohnt. Der Weg dorthin ist sehr lehmig und in der Regenzeit durchaus rutschig. Während der Mann auf dem Motorrad vor mir her schlingerte, ging ich zu Fuß. Mit jedem Schritt wurde ich größer, weil sich der Lehm unter meinen Wandersandalen sammelte.

Tantenbesuch| Ab und an reisen des Mannes Tanten an. Wann immer sie in der Nähe sind, treffen wir sie irgendwo. Meistens zum Essen. Und so auch dieses Mal. Sie luden uns zu Gudeg ein. Jedes Mal schwenkt an irgendeinem Punkt das Gespräch auf Ernährung, Diäten und dergleichen und es wird festgestellt, ob der Mann und ich ab- oder zugenommen haben. Jedes Mal gruselt es mich ein bisschen davor, mag ich es doch überhaupt nicht, wenn andere über meinen Körper urteilen. Und gleichzeitig schäme ich mich, weil ich mich freute, als die Tanten wiederholt beteuerten, wie schön ich abgenommen hätte.

Kurioses|Gestern lief mir eine Pflanze über den Weg, die ich schon lange gerne in meinem Garten hätte: kembang telang. Oder auf Deutsch: Blaue Klitorie. Wer hat sich das nur ausgedacht? Mit den leuchtend blauen Blüten, die – Überraschung! – an eine Vulva erinnern, kann man Getränke, Essen und Stoff einfärben. Darum gefällt sie mir so. Im Garten eines Restaurants entdeckte ich kembang telang, eine reife Schote wanderte in meine Hosentasche. Zu Hause entdeckte ich darin vier ebenfalls schwarze Bohnen, die jetzt in der Erde schlummern.

Drachenfruchtschwemme| Drachenfrüchte wachsen im tropischen Klima Javas ganz wunderbar und haben gerade Saison. Dieses Jahr fällt die Ernte so gut aus, dass niemand mehr Drachenfrüchte kaufen will und der Preis in den Keller sinkt. Manche Landwirt*innen werden ihre Ernte nicht mehr los, die Früchte vergammeln an den Pflanzen. Schade. Wir kauften gleich drei Kilo der knallroten Dinger, ich esse Drachenfrucht nämlich sehr gerne. Wir hätten auch noch mehr haben können, der Laden hatte sicher eine halbe Tonne auf Lager. Und natürlich pipelte ich ein paar Samen heraus, pflanzte sie ein und schon zwei Tage später reckten sich zwei junge Pflänzchen aus dem Substrat.

Lied der Woche| Bigger On The Inside von der allergroßartigsten Amanda Palmer.

Wochenrückblick 6/2019

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Erfolgserlebnis I| Die richtige Aussprache des gerollten R ist für mich die größte Herausforderung beim Indonesisch lernen. So viele Worte enden auf -r und wenn ich das in gewohnt deutscher Manier verschlucke, versteht mich niemand. Ich übte und übte, allein, mit dem Mann und verschiedenen Videos. Seit Montag nun rollt es – nicht immer, doch immer öfter.

Erfolgserlebnis II| Großartiges, mich verlegen und stolz machendes, meiner Motivation neuen Schwung verleihendes Feedback bekommen. Daraufhin den Samstag dem Webseite-Basteln gewidmet. Kaum vorangekommen. Egal, dann eben beim nächsten Mal.

Erfolgserlebnis III|Die Kaladie blüht (eher ihr Erfolg, als meiner):

Zwangspause| Früher war ich stolz darauf, überall essen zu können. Ganz ohne Bauchprobleme. Das ist jetzt anders. Vor allem, wenn falsches Essen und PMS zusammen kommen. Freitag verbrachte ich häufiger im Bad, als mir lieb war. Dazwischen lag ich erst auf dem Sofa, dann im Bett. Immer mit mindestens einer Katze in meiner Nähe. Schlaf, Schnurren und Kohlebletten halfen. Jetzt ist alles wieder gut.

Mein erstes Mal #WMDEDGT

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Am 5. jedes Monats fragt Frau Brüllen „Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?“ und sammelt die Antworten auf ihrem Blog. Ich wollte schon länger mitmachen und habe es endlich nicht vergessen. Hier ein ganz normaler Dienstag in Indonesien.

Viertel sieben wache ich auf, weil der Kater seine hölzerne Aussichtsplattform lautstark zum Kratzbrett umfunktioniert. Ich schnappe mir automatisch Thermometer und Timer, um fünf Minuten später meine Aufwachtemperatur zu wissen. Aha, 36,90 °C. Kurz bevor der Timer aufleuchtet, fällt in der Küche ein Stuhl im. Die Katzen sprinten wild durchs Haus.Es beginnt zu regnen. Ich füttere die Raubtiere, gehe aufs Klo und platziere drei Eimer unter den üblichen Lecks: Vor der Badezimmertür, neben Manfreds Klo, in der Tür zwischen Küche und dem Rest des Hauses. Dann lege ich mich noch mal für eine Stunde hin.

Viertel acht stehe ich auf. Der Mann schlummert noch, die Katzen haben sich wieder beruhigt. Ich trinke mein morgendliches Wasser-Apfelessig-Gemisch und gehe dann in mein Arbeitszimmer. Yogamatte ausrollen, Handtuch zum Kissen falten, zehn Minuten Meditation. Klappt heute nicht so gut. Egal. Dann Yoga. Schon besser. Der Schweiß läuft. Katzenklos ausmisten. Duschen.

Der Mann kommt nicht in die Gänge, ich mach schon mal Oatmeal. Endlich habe ich das perfekte Maß gefunden. Wasser bis über die erste Beule im Aluminiumtopf und so viele Haferflocken, wie in ein Glas passen. Dazu Rosinen, Zimt und Bananen. Das Oatmeal ist fertig, der Mann erscheint zum Eier braten. Das kann er besser als ich. Die Eierqualität ist nicht gut, das Gelb zerläuft, sobald das Ei in die heiße Pfanne fällt und der Mann schimpft.

Wir schnappen uns Nina, Zeit für ihre Augentropfen. Sie hasst die Prozedur und liebt die Entenfleischsnackies, die ich ihr hinterher vor die Nase halte. Dann Frühstück. Oatmeal, Spiegeleier, Kaffee und Master of None. Das Gelbe meines zweiten Eis schmeckt eklig fischig. Bäh.

Nach dem Frühstück gehe ich auf die Terrasse, meine Aussaat vom Sonntag checken. Der Basilikum wächst schon und in der Granatapfelreihe erhebt sich ein Nachzügler. Sehr schön. Ich gucke mich noch kurz um, als ich die tote Katze neben dem Weg liegen sehe. Das gelbe Fell nass vom Regen. Näher will ich nicht rangehen und schicke den Mann. Er berichtet: schwarzes Halsband, weißes Glöckchen, keine erkennbaren Verletzungen. Gelbe Tigerkatzen gibt es viele in der Nachbarschaft, wir denken gleich an die Katze der Nachbarn zwei Häuser weiter, die ich clumsy kitty nenne, weil sie wackelig läuft und dabei die Beine hebt, wie ein Dressurpferd. Die Nachbarn sind nicht daheim und die Leute, die hinter uns wohnen, vermissen keine Katze. Später wird der Körper verschwunden sein.

Aufgewühlt setze ich mich an den Rechner. War es clumsy kitty? Was war die Ursache? Rattengift, Schlangenbiss, ein Unfall, eine Krankheit, ein grausamer Mensch? Letzte Nacht noch geisterte wie immer das Klingeln ums Haus. Ich stehe noch mal auf und drücke mein Gesicht ins tröstliche Manfredfell.

Computerzeit. Auftragsarbeit. Zwischendurch Blogs lesen, ins Forum schreiben, die Fragen für die theoretische Führerscheinprüfung googlen, ein neues Workout-Video runterladen. Heute ist die Internetverbindung gar nicht gut und mein Computer verliert ständig den Draht zum Hotspot, den mein Telefon erzeugt.

Zehn nach zwei kündigen langgezogene „Sateeeeee”-Rufe die Ankunft der Sateverkäuferin an. Den kleinen (heißen!) Grill, die Erdnusssoße, Fleischspieße und lontong (in Palmblättern gekochter Reis) trägt sie auf dem Kopf. Jeden Tag dreht sie ihre Runde. Auch heute, obwohl doch Feiertag ist. Chinesisches Neujahr. Wer Hunger hat, schnappt sich einen Teller und bestellt. Sie setzt sich auf die Stufe unter meinem Fenster und grillt die Sate-Spieße, dabei halten alle Beteiligten ein Schwätzchen. Solche fliegenden Händler’innen gibt es viele hier.

Der Grillduft zieht durchs Haus und weckt unseren Hunger. Der Mann fährt los und kauft Essen. Gemüse, martabak (eine Art frittierte Teigtasche), tempe goreng, berkedel und für den Herrn einen Hühnerkopf. Dazu Reis, was auch sonst.

Später setze ich mich noch mal an den Rechner, während der Mann das Sofa zusammenbaut, das er während der letzten Wochen aufwändig neu gepolstert und bezogen hat. Zusammen putzen wir das Haus, er fegt, ich wische. Die Schaumstofffetzen fliegen überall herum, auch in mein Auge. Es tränt und schmerzt, ich spüle mit Wasser und Augenspülflüssigkeit. Erst nach einigen Stunden fühlt es sich wieder normal an.

Ich klappe noch mal den Rechner auf und übe Indonesisch. Eine neue Lektion. Nachdem Hermann schon im Hotel, am Strand, beim Frühstück und im Bahnhof war, verirrt er sich diesmal in der Stadt. Sieben neue Vokabeln. Das R rollt mir immer besser von der Zungenspitze.

Den Abend verbringen wir zu Hause. Mein Auge tut noch weh. Wir gucken zwei Folgen Shameless, dazu naschen wir von der guten deutschen Schokolade. Dann Bett ausklopfen, Fenster schließen, Nachtbeleuchtung einschalten, die Anti-Mückenlampe neu befüllen, Katzen füttern, Klo saubermachen. Im Bad treffe ich die riesige Krabbenspinne (wahrscheinlich Heteropoda venatoria), die schon vorgestern durchs Haus sauste und irgendwo in meinem Arbeitszimmer verschwand. Sie ist so groß wie meine Handfläche und ihre Facettenaugen reflektieren das Badezimmerlicht. Ich mag diese Spinnen. Sie sind nicht giftig und essen sogar Kakerlaken. Danke, Spinni!

Ich liege im Bett, der Mann ist noch auf. Plötzlich Gepolter aus der Küche. Wir sprinten hin. Manfred kommt aus der Ecke, in der die Fahrräder stehen, eine riesige Maus baumelt leblos aus seinem Maul. Nina umkreist ihn aufgeregt. Der Mann schnappt sich den Kater, ich hole den Eimer aus dem Bad, um die Maus aufzufangen. Doch Manfred lässt nicht los. Tiefes Brummen dringt aus seiner Kehle. Erst ein Entenfleischsnackie bewegt ihn dazu, seine Beute aufzugeben. So eine Aufregung. Die Katzen suchen die Maus, die der Mann hinausbefördert hat und ich lege mich wieder hin. Hörbuch, Schlafen.

Wochenrückblick 5/2019

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Führerschein II|Nein, ich habe die Prüfung noch nicht absolviert. Dafür aber anderen Leuten dabei zugeguckt, um den Ablauf kennenzulernen. Und der geht so:

  • Treffpunkt Prüfungsplatz. Warten auf Beginn der Prüfung.
  • Der wie ein Sportlehrer gewandete Prüfer versammelt die Schar der Prüflinge um sich und erklärt den auf das Pflaster gemalten Parcours: Zickzack, zwei Achten und eine U-Wende müssen gefahren werden. Dabei darf keiner der zahlreich aufgestellten Holzpoller umfallen oder ein Fuß den Boden berühren.
  • Jede*r hat zwei Versuche pro Aufgabe.
  • Die Aufgaben kommen nicht in einem Rutsch dran.
  • Bevor es losgeht müssen Motor und Licht eingeschaltet und der Helm geschlossen sein. Linker Fuß auf dem Boden, rechter auf Fußstütze.
  • Der Prüfer bläst in seine Trillerpfeife. Die geprüfte Person schaut über ihre rechte Schulter zurück und fährt dann los.
  • Ein zweiter Pfiff am Ende des Parcoursabschnitts signalisiert Anhalten. Der*die Fahrende stoppt, setzt den linken Fuß auf den Boden und wiederholt den Schulterblick.
  • Merke: Die Fußstützen für Beifahrende sollte eins vor der Prüfung hochklappen, um die Pollerumwerfungsfläche zu minimieren.

Der Parcours sieht mit Pollern wesentlich schwieriger aus. Zur nächsten Übungsstunde bringen wir selbst welche mit, um die Prüfungssituation besser simulieren zu können. Vor allem die Ausfahrt aus der 8 ist sehr steil, an der scheiterten die meisten.

Garten|Eigentlich wollte ich mein zukünftiges Gemüsebeet weiter jäten, besann mich dann eines Besseren. Die Pflanzen, die dort wachsen sollen, sind noch zu klein, um ins Beet umzuziehen. Nackte Erde (die sehr gut zu sein scheint, braun und krümelig) würde aber mit dem nächsten Regen – und der kommt bestimmt – davon schwimmen. Damit hätte ich nichts gekonnt. Den bereits gejäteten Part deckte ich mit dem ausgerupften Grünzeug ab, als Mulchschicht. Sehr zum Missfallen des Mannes, der meine Bodenschutzmaßnahme unordentlich fand. Da muss er durch.

Weitere Aktivitäten| Yoga gemacht, beinah täglich. Mehrmals früh aufgestanden und meditiert. Klappt immer besser. Freundschaft mit der ulkigen Nachbarskatze geschlossen (niemand widersteht den Entenfleischsnackies!). Gestern Instantnudeln und heute teure Suppe gegessen. Neunundvierzig neue Vokabeln gelernt.

Gerüche des Januars

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Allmonatlich veröffentlicht das verehrte Fräulein Read On auf ihrem Blog einen olfaktorischen Monatsrückblick und lädt andere Blogger*innen ein, es ihr gleichzutun. Diesen Monat bin ich ihrer Einladung nachgekommen.

Der Januar beginnt um Mitternacht mit diesem typischen Feuerwerksgeruch. Sekt, der Kleber, mit dem eine Freundin Glitzersteinchen in meinem Gesicht befestigt, Luftschlangen, Schokokuchen, tanzende Füße auf Holzfußboden, mitternächtliche Umarmungen. Silvesteraroma. Und dann der erste Abschied für dieses Jahr.

Zehn Tage lang riecht der Januar Deutsch. Nach dem Haus meiner Eltern, der leicht muffigen Luft in meinen Kisten (die ich gnadenlos ausmiste) und warmer Milch von den vielen Töpfen Milchreis, die ich koche und deren Inhalt ich mit ApfelmusZuckerZimt verspeise. Kindheitsessen, das den Bauch wärmt und die Seele. Kalte Winterluft, Schneeregen, Einkaufszentrum, Wald und Tee.

Dann holen wir die Koffer aus dem Kabuff (in dem es noch so riecht wie früher, als dies noch die Wohnung meiner Großeltern war) und packen. Regionalexpressduft, Flughafenstresshormone, Flugzeugdünste und das Desinfektionsmittel, mit dem ich mich vor den Keimen der Mitreisenden schütze. Es funktioniert, dieser Flug wird der erste sein, nach dem ich nicht mit Fieber das Bett hüte.

Jakarta. Mit Nelkenzigaretten und Flugzeugabgasen gesättigte Tropenluft sickert durch die Spalten der Zugangsbrücke. Der Flughafen riecht ganz wie immer. Draußen schlägt uns die Wärme entgegen, als gingen wir in einen Backofen hinein. Der Mann organisiert den uns abholenden Hotelbus herbei und endlich endlich endlich kann ich mich hinlegen und schlafen. Das Hotel, nur ein paar Jahre alt, riecht irgendwie abgewohnt, nach wassergesättigten Wänden, Zwischenwelt und Klimaanlage.

Der Januar riecht nach Ankommen und Zuhause. Vertraut nach dem warmen Katzenfell, in das ich meine Nase vergrabe. Wie gut es tut, die kleine Nina rund und gesund anzutreffen und nicht mehr in einem Tierklinikkäfig mit Trichter und Tropf und stumpfen Augen. Süße Erleichterung. Wir packen die Koffer wieder aus, richten uns ein.

Motorroller, die Brennöfen der Nachbarschaft, Nebel, so riecht der Januar seitdem. Und immer wieder Regen. Allabendlich packen die Bakmie-Verkäufer ihre Woks aus und der Geruch des heißen Sambals kitzelt meine Nase. Jedes Mal. Morgens essen wir Soto Lenthok, krümeln die leckeren Cassava-Klopse in die heiße Brühe und meine Nase läuft.

Auf der Yogamatte suche ich nach meiner einstigen Gelenkigkeit, sie riecht nach Staub, Schweiß und Füßen auch. Überhaupt nehme ich meinen Körpergeruch in der Tropenhitze wieder wahr und das ist gar nicht so schlimm. Nachmittags drehen wir eine Runde mit dem Fahrrad und kommen an einer Tischlerei vorbei. Draußen stapelt sich Holz in allen erdenklichen Formen und Größen, mein olfaktorisches Highlight jedes Fahrradausflugs.

Beißend der Kleber, mit dem der Mann das Sofa repariert. Verführerisch das neue Katzenfutter, das Kater Manfred dazu bewegt, meine Schulter zu erklimmen. Autsch.

Regentropfen wirbeln Straßenstaub auf. Nasse Erde, nasser Beton und nasse Gummiklamotten sind das Bouquet der Regenzeit. Dazwischen mischen sich in der Sonne trocknende Kissen und mein neues Kokosshampoo.
So roch er, mein Januar in Deutschland, Indonesien und dazwischen.

Wochenrückblick 4/2019

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Sonntagsstimmung.

Führerschein| Schon seit geraumer Zeit plane ich, einen indonesischen Motorradführerschein zu erwerben. Meinen automatischen Roller darf ich mit deutschem Autoführerschein gar nicht fahren, weil der Hubraum deutlich über den erlaubten fünfundfünfzig Kubikzentimetern liegt. Macht nichts, ich fahre eh schon länger nur noch als Sozia durch Jogja. Damit soll jetzt aber Schluss sein. Und so begaben wir uns heute zu dem Platz, auf dem wochentags die praktischen Fahrprüfungen abgenommen werden. Zum Üben. Anfangs eierte ich noch ziemlich unsicher durch die Gegend. Schlussendlich schaffte ich alle drei geforderten Aufgaben. Und ich wurde seit langer Zeit mal wieder um ein gemeinsames Foto gebeten. Bei (männlichen) Teenagern sag ich immer Nein, diesmal war es eine junge Mutti, mit der ich nach kurzem Zögern doch posierte. Ausnahmsweise.

Klickertraining| Unsere Katzen dürfen nicht hinaus. Motorräder, Schlangen, Skorpione, anderer Leute Brunnen und andere Leute, viel zu gefährlich! Vor allem den flauschigen Manfred wollte man uns schon mehrmals abkaufen. Tut mir leid, aber der ist unbezahlbar. In unserem alten Haus hatten wir einen kleinen, katzensicheren Garten. Jetzt muss Manfred mit einem Ausguck am Fenster vorliebnehmen. Um ihn zu beschäftigen, mach ich mit ihm ab und zu Klickertraining. Gerade gewöhne ich ihn an das spezielle Sicherheitsgeschirr, das ich ihm in Deutschland hab anfertigen lassen. Er vermisst Draußen sein sehr und ich hoffe, dass wir irgendwann mal zusammen Spazierengehen können. Einmal durfte ich schon die Bauchschnallen schließen, wir machen langsam Fortschritte.

Sprachkurs| Mein Indonesisch lässt sehr zu wünschen übrig. Nach vier Jahren im Land ist das wirklich peinlich. Gerade lerne ich mit einem digitalen Sprachkurs Vokabeln und mache langsam Fortschritte. Allein die tägliche Wiederholung verleiht mir mehr Selbstbewusstsein und ich konnte mich kurz mit meiner Schwiegermutter unterhalten. Das hat mich sehr gefreut.

Lärm| Bald wird in Indonesien ein neuer Präsident gewählt (oder kann hoffentlich im Amt bleiben). Im Rahmen des Wahlkampfs begegnen uns auf den Straßen Jogjas immer wieder Gruppen junger, schwarz gekleideter Männer auf sehr lauten Motorrädern. Sie schwenken Fahnen ihrer Partei und lassen den Motor aufheulen. Das erzeugt einen monströsen Sound, den ich selbst mit Fingern in den Ohren kaum ertragen kann. Hinter ihnen staut sich der Verkehr. Auch der Mann findet diese Kampagnen furchtbar. Damit ist er leider in der Minderheit, denn am Straßenrand stehen viele Menschen, um sich das Spektakel anzusehen. Für mich ist es nichts als Machogehabe, Aggression und Benzinverschwendung. Ach.


Wochenrückblick 3/2019

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Tropisch stricken|Ein bewährtes Mitbringsel aus Deutschland für meine Schwiegermutti sind Wollsocken. Damit ich auch meinen Spaß daran habe, kauften wir neben fertigen Socken auch ein Knäuel Sockenwolle. Und darum sitze ich nun allabendlich da und nadele mein erstes Paar Socken seit ichweißnichtwielange. Das Muster heißt Mirkwood, entworfen hat’s Rebecca Wilder.

Hühnerleber|Unser flauschiger Freund Manfred kam ziemlich dünn aus der Tierpension zurück. Ist irgendwas anders als gewohnt, verliert er schnell seinen Appetit. Wahrscheinlich war ihm auch noch sein Futter über. Leider darf Manfred nur Getreidefreies essen, weil er sonst Steinchen in der Blase kriegt. Wunderbarerweise gibt es solches Katzenfutter in Indonesien, doch die Auswahl ist nicht sehr berauschend. Und so bereitete der Mann des Katers Lieblingsessen zu, kochte Hühnerleber mit Tempeh und pürierte alles zu einem fleischfarbenen Graus. Das brachte ein bisschen Speck auf die Katerrippen. Außerdem kauften wir teures Katzenfutter einer anderen Marke, um seine Geschmacksknospen neu zu kitzeln. Es funktioniert, langsam fühlt Manfred sich nicht mehr ganz so knochig an.

Garteneinsatz|Zwischen unserem Haus und dem der Nachbarn ist ein kleiner Dreckstreifen, auf dem ein verwahrloster Jasmin, ein mir unbekannter Busch und jede Menge tiefwurzelndes Grünzeug wächst. Schon lange träume ich davon, dort Gemüse anzupflanzen. Also schwang ich heute die Hacke und schaffte es, einen einzigen Quadratmeter zu jäten, bevor die Hitze siegte und ich nach Wasser japsend vor dem Ventilator Platz nahm. Jetzt wachsend dort meine Drachenbaumstecklinge und begrenzen das zukünftige Beet zur Mülltonne hin. Apropos: Unsere Nachbarn, eine Gruppe Musikstudenten, hat die richtige Benutzung eines Mülleimers noch nicht ganz begriffen und wirft vieles daneben. Oder auch aus dem Fenster. Ein Gespräch wird bald fällig sein (noch ein guter Grund, mit neuem Eifer Indonesisch zu lernen).

Auf zwei Rädern|Ach, schon jetzt vermisse ich das Spazierengehen und die tägliche Bewegung. An einem guten Tag schaffe ich hier viertausend Schritte und davon schummeln sich mindestens eintausend beim Motorradfahren auf den Schrittzähler. Höchsterfreut stellte ich fest, dass es dem Mann auch so geht. Gestern entstaubten wir unsere Fahrräder, pumpten Reifen auf, ölten Ketten, radelten eine Runde und gerieten prompt in eine Hochzeitsgesellschaft. Außerdem winkt mir jedes Kind zu und vor lauter Nicken, Winken und Hallos kann ich kaum noch auf Straße, kopflose Hühner und Mopedfahrer*innen achten.

Das war eine gute erste Woche zurück in den Tropen. Es regnete viel, aber nicht zu viel, es gab gutes Essen (Soto Lenthok!), Katzenflausch und produktive Arbeitsstunden. So darf es gerne weitergehen.

Und noch ein Hinweis:
Die Idee mit den einem jeden Absatz vorangestellten Stichwort habe ich mir bei Frau Nessy abgeguckt, deren fabelhaften Blog ich schon seit langem lese.

Vom Ankommen

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Ein defektes Gepäckband verlängert unsere Reise auf achtundvierzig Stunden (von Tür zu Tür), beschert uns einen kostenlosen Aufenthalt in einer fancy Lounge und eine Nacht in einem Hotel in Jakarta. Es ist Samstag, als wir endlich in Yogyakarta landen. Die Fahrt durch die Stadt fühlt sich vertraut und nach Zuhause an. Das ist schön, fiel der Abschied mir diesmal doch irgendwie schwerer, als während der vorherigen Besuche.

Die Straße, in der unser Haus steht, ist sehr schmal. Darum steigen wir kurz vorher schon aus dem Taxi, wuchten die Koffer neben uns her und laufen die letzten Meter. Ich bin gespannt. Leben meine Pflanzen noch? Die kleinen Töpfe brachten wir zu meiner Schwiegermutter, doch die großen Bäume, die Aloen und die Wüstenrosen ließ ich vor der Terrasse stehen. Schon von weitem sehe ich, dass die große Guave es nicht geschafft hat. Der Srikaya, die auf Deutsch den phantasievollen Namen Zuckerapfel trägt, bekam die Zeit ohne mich so gut, dass sie gleich vier Früchte ansetzte.

Der Mann sucht den Schlüssel, den wir Mittwoch beim Packen das letzte Mal sahen, findet ihn und öffnet die Tür. Weil ein so offen gebautes Haus wie unseres nach sechs Wochen ohne Bewohner in Staub, Spinnmilben und Geckomist versinkt, haben wir diesmal eine Putzhilfe organisiert, die einige Tage vor unserer Ankunft das Haus von oben bis unten grundreinigte. Und die war jede Rupiah wehrt. Nach dem sauberen Deutschland brauche ich sowieso immer einige Tage, mich wieder umzugewöhnen. Dieses Mal gelingt es mir wesentlich schneller. Einmal fege ich noch durch und lege die Kissen in die Sonne, mehr ist nicht nötig. Der Mann zieht einige schimmlige Hosen aus dem Schrank. Ach ja, es ist Regenzeit.

Schnell das Motorrad aufgepumpt und Benzin gekauft, schon entstauben wir die Helme und fahren los zum Katzenhotel. Nina sahen wir zuletzt in der Tierklinik, mit entwürdigendem Trichter ausgestattet und einer vom Tropf grotesk angeschwollenen Pfote. Nun miaut uns eine flauschige und gesunde Mieze entgegen. Vielleicht etwas dünner als zuvor, jedoch umso verschmuster. Abwechselnd streichele ich Manfred und Nina, verteile die mitgebrachten Snackies und kann mich gar nicht sattsehen an den beiden.

Endlich sind wir wieder komplett. Die Katzen erkunden das Haus, laufen auf und ab und gucken in jede Ecke. Als müssten sie sich alles neu einprägen. Ich esse Kwetiau (der Mann war inzwischen bungkus, also Essen zum Mitnehmen kaufen), bin müde und glücklich. Wir sind angekommen.