18. Mai 2020 – Kränklich

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Manfred weckte mich gleich zweimal und auch sonst war es eine eher unruhige Nacht. Nina krakeelte, draußen kloppten sich die Nachbarskater, alles nicht so erholsam.

Das Wetter war unglaublich drückend, obwohl es mit 31 °C jetzt nicht soooo warm war. Beim Frühstückmachen kam ich ordentlich ins Schwitzen.

Ich setzte mich an den Computer, kam aber nur schleppend voran. Meine Konzentration hatte sich verabschiedet, dazu kam ein unbestimmtes Ich-werde-krank-Gefühl – ein bisschen Halsweh, ein bisschen Kopfweh, ein bisschen Gliederschmerzen, in die Beine ausstrahlende Uteruskrämpfe und PMS-bedingte Traurigkeit. Sorry fürs Jammern. Ein Eiskaffee und ein paar Kekse zwischendurch hoben zwar meine Stimmung, aber wirklich voran kam ich nicht. Dabei stehen diese Woche nur zwei Punkte auf meiner To-do-Liste und wenn ich die geschafft habe, habe ich bis Montag frei. Vielleicht habe ich mir deshalb auch einfach zu viel Druck gemacht.

Zum Nachmittag wurde es immer schwüler und dann brach endlich der Regen los, gerade, als der Mann Essen holen wollte. Darum fiel das Abendbrot eher improvisiert aus, mit Restspaghetti, Instantnudeln und Spiegelei. Hinterher scrollten wir ein bisschen durch Anzeigen für Häuser. So richtig was Tolles war noch nicht dabei oder die Miete war zu hoch. Der Mann sagt, dass nach den Feiertagen nächste Woche ein Sinken der Preise zu erwarten ist. Spannend ist die Häusersuche allemal.

Ich machte den Abwasch und fütterte meinen dritten Ginger Bug. Dessen Vorgänger musste ich wegkippen, weil das Experiment Puderzucker* schiefgegangen war. Dafür ist Gingy No. 3 schon nach 24 Stunden sprudelig und schaumig, als hätte es nie was anderes gemacht.

Dann gab es noch einen schönen entspannten Moment, als ich Nina bekuschelnd auf dem Boden saß und Manfred neben mir schlief. Allerdings wurde ich immer müder und ging dann auch bald ins Bett, nur das Einschlafen dauerte lange, das hat eins nun vom leckeren Eiskaffee.


*Merke: füttere niemals einen Ginger Bug mit Puder- statt normalem Zucker, wenn da noch Stärke oder sowas als Trennmittel drin ist. Das Ergebnis war eine stabile, an Plastik erinnernde, nicht platzen wollende Schaumkrone.

16. und 17. Mai 2020 – Wochenende

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Der Samstag begann damit, dass Manfred mich um vier Uhr morgens weckte und Futter forderte, dabei war sein Napf noch voll. Als ich wieder ins Bett ging, starrte er gierig einem an der Wand entlanghuschenden Gecko hinterher. Ein paar Stunden später kam ich wieder in die Küche und fand allerhand heruntergefallene Dosen auf dem Boden (was halt so auf dem Küchenschränkchen steht), dazu die Überreste eines Geckos. Keine Ahnung, ob es derselbe war. Manfred schlief, das Fell voller Spinnweben. Eins braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, was hier los war. Gut, dass wir momentan immer eine Sprühflasche mit hochprozentigem Alkohol im Haus haben, so konnte ich den Fundort des unglücklichen Reptils desinfizieren.

Frühstück, dann Computerzeit.

Nina war die letzten Tage besonders anhänglich und forderte vehement Kuschelzeit ein. Das funktioniert so, dass ich mich im Schneidersitz auf den Boden setze und sie krabbelt dann auf meinen Schoß. Das sieht ungefähr so aus:

Inzwischen gurrte sie verdächtig, wann immer Manfred in ihre Nähe kam und schien ständig an ihm zu kleben, was ihr einige Ohrfeigen einbrachte. Abends dann krähte sie laut und damit war klar: Nina ist rollig*. Das wäre das erste Mal seit November 2019, ja, ich schreibe mir sowas auf. Bei diesem Rhythmus darf es gern bleiben. Nun denn, da kommen laute Tage auf uns alle zu.

Sonntag hatte ich frei und wir fuhren nach dem Frühstück einkaufen. Erst Eier holen, Bio-Eier sogar. Den Kontakt habe ich über das Gesichtsbuch aufgetan, der Preis für ein Kilo liegt mit 25.000 IDR etwas über dem, was wir in einem normalen Geschäft bezahlen würden, aber dafür sind die Eier plastikfrei verpackt und die Qualität ist super. Sie sind so frisch, dass sie manchmal in der Pfanne explodieren.

Nach dem Einkaufsbummel war Freizeit. Der Mann bastelte an seinem Bluetoothradio, ich baute die Nähmaschine auf, um endlich meinen Kissenbezug fertigzunähen. Danach war ich kaputt, aber sehr stolz auf dieses rote, etwas krumme Rechteck, in das tatsächlich ein Kissen passt.

Zum Abendbrot gab es Spaghetti, dann fuhren wir zur Schwiegermutter, um ihr eine Dose Kekse zu bringen. Sie war dann im Haus einer anderen Verwandten, wo sich viele Frauen zum Backen versammelt hatten. Ich dachte eigentlich, wir würden gleich wieder nach Hause fahren, aber der Mann ließ sich nieder, nahm die Maske ab und schien die Pandemie vergessen zu haben. Abstand wurde auch nicht gehalten. Ich fühlte mich ein bisschen überrumpelt und vergaß ganz das Händewaschen, das fiel mir erst später ein. Jedenfalls musste ich ihm erst deutlich sagen, dass mir das zu viele Menschen sind und ich nicht bleiben will. Allein deshalb, weil der Großteil schon etwas älter ist. Ich hatte in den letzten Tagen morgens ein bisschen Halsschmerzen gehabt und wollte unbedingt jeden unnötigen Kontakt vermeiden. Er ist da nachlässig geworden, fährt hier zur Werkstatt und da zum Vapeshop, das macht mir Sorgen. Ja, die Fallzahlen hier vor Ort sind niedrig, aber ich traue der Statistik nicht. Zum Beispiel werden viele von diesen Schnelltests gemacht und wenn die positiv ausfallen, heißt das nicht positiv, sondern reaktiv und wird anscheinend nicht mitgezählt. Abends hatte ich dann einen von PMS verstärkten Tiefpunkt, als mir bewusst wurde, dass ich keine Ahnung habe, wann ich das nächste Mal meine Familie wiedersehen kann und mich sehr weit weg von meinem Herkunftsort fühlte. Ja, das ist Jammern auf hohem Niveau, ich weiß. Gegen die Hilflosigkeit halfen die Nähmaschine und mehrere Folgen Harry Potter and the Sacred Text.

*Nina ist kastriert, aber scheinbar wurde etwas Gewebe übersehen, das weiterhin Hormone produziert. In Deutschland könnte das wohl operiert werden, hier wird das selbst in der großen Tierklinik nicht gemacht. Die Behandlungsempfehlungen mehrerer Tierärzt*innen reichten von Baden bis zu Tabletten, von denen Nina beinah 24 Stunden lang schlief. Eine Hormonspritze half einige Zeit, aber ist auch keine Dauerlösung.

Previously on Pflanzen & Wanzen

Huch, einmal nicht aufgepasst und gleich zwei Wochen lang nicht gebloggt. Dafür habe ich enorm viel geschrieben, nur eben keine Blogtexte, und außerdem eine sehr interessante Arbeit korrigiert. Was sonst noch geschah:

  • Wir haben einen Helfer angeheuert, der unseren sehr zugewucherten Vorgarten innerhalb von zwei oder drei Stunden komplett rodete. Ich schaffe in der gleichen Zeit vielleicht zwei Quadratmeter.
  • Dienstag haben wir einen kleinen Einkaufsbummel zu einem großen Warenhaus gemacht und dort neue Kissen und guling (das sind diese Kissenwürste) gekauft, außerdem Nähkram für mich (Stecknadeln, Spulen, ein Geodreieck) und eine Werkzeugkiste für den Mann. Voll Klischee. Die Rückfahrt gestaltete sich sehr interessant, weil Kissen sind auch vakuumverpackt noch riesig und wir konnten nur langsam dahintuckern.
  • Außerdem gab es gleich zwei neue Bettlakensets mit Bezügen und allem, sodass wir jetzt zum ersten Mal überhaupt das Bett in einer einzigen Farbe beziehen können, wie so richtige Erwachsene.
  • Momentan gibt es wegen des Ramadhans überall richtig gute traditionelle Snacks (jajanan pasar). Ein Höhepunkt waren wirklich die kleinen pancakeartigen Dinger (die korrekt martabak manis heißen) mit Erdnussbutter. Leider gabs die nur ein einziges Mal.
  • Manfred ist mal wieder sehr gestresst und sprüht häufig, zuletzt hat er mich markiert, das war sehr unschön. Ich weiß, das ist seine Art mir zu sagen, dass er unzufrieden ist (gesund ist er, ich weiß, wie Blasenentzündung bei ihm aussieht), darum klickern wir jetzt abends wieder und ich trage ihn viel herum und siehe da, jetzt schläft er wieder neben mir auf dem Schreibtisch und kommt mich morgens wecken.
  • Nina ist rund und fröhlich wie eh und je (gleich zwei Tautologien hintereinander), klaut Manfreds Essen und lässt es sich gut gehen.
  • Zuletzt muss ich noch einen Triumph vermelden, der eigentlich erst in den morgigen Blog gehören würde, aber egal: Ich habe es endlich geschafft, neue Bücher aus der Onleihe auf den E-Reader zu laden und jetzt werde ich die nächsten Tage mit Sprache und Sein von Kübra Gümüşay und Marzahn, mon amour von Katja Oskamp (nach Empfehlung von Frau Nessy) verbringen.
  • Wir müssen im August umziehen und haben vorsichtig mit der Haussuche begonnen. Ist natürlich ein denkbar schlechter Zeitpunkt, weil kein Bezirk neue Leute reinlassen will oder höchstens mit negativem Covid19-Test und Quarantäne (die wir dann renovierend verbringen würden). Mit jedem Umzug nehmen meine Ansprüche ans Haus ein bisschen zu:
    • Mindestens 60 qm, komplett gefliest, indonesisches Klo (lässt sich einfacher putzen und ist bequemer), privater Garten, ein Arbeitszimmer für mich und eins für den Mann, möglichst trocken, möglichst weit weg von großer Straße, nicht zu nah an benachbarten Häusern dran, dichtes Dach, saubere Küche und eine Terrasse.
  • Kurios war eine Anzeige für ein Haus, in der als Bonus hervorgehoben wurde, dass die Nachbar*innen Weiße sind. Erst musste ich ob der Absurdität lachen, dann wurde ich nachdenklich ob meines Privilegs hier und dachte daran, dass in Deutschland sicher kein Vermieter anpreisen würde, dass in der Nachbarschaft Schwarze Menschen oder People of Color leben.

2. und 3. Mai 2020 – Das Wochenende, an dem Insekten von der Decke fielen

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Okay, ganz so dramatisch wars vielleicht nicht. Aber fangen wir von vorne an.

Samstag war für mich noch einmal ein Werktag wie immer, ich wollte die Bachelorarbeit endlich fertigkriegen. Also lektorierte ich fröhlich vor mich hin, während der Mann mal wieder am Motorrad bastelte, und wurde pünktlich dann fertig, als er nach Hause kam. Nach dem Abendbrot kochte ich fix eine neue Brausegrundlage, dann fuhren wir zu einer Kirche in der Nähe, um uns auf deren leeren Parkplatz die Beine zu vertreten. Der ist nämlich ganz hübsch mit vielen Bäumen und es geht ganz schön bergauf. Auf dem Rückweg hielten wir noch bei meiner Schwiegermutter an, um wertvolles Gummbiband für Masken mitzunehmen. Wieder daheim bereiteten wir uns auf einen gemütlichen Kinoabend vor. Der Mann frittierte rasch ein paar Kartoffelecken, ich bürstete die Katzenhaare vom Sofa. Als wir eben alle Snackies in die Kinoecke tragen wollten, platschte es ziemlich laut und ein großes grünes Dingsbums landete auf dem Küchenfußboden. Es dauerte einen Moment, bis mein Gehirn herausfand, was es war: eine riesige Raupe. Wir werden wohl nie erfahren, warum sie auf unserem Dach unterwegs war, jedenfalls schubste ich sie aufs Kehrblech und trug sie hinters Haus, weit weg von meinen Pflanzen. Dann endlich war Ruhe eingekehrt und wir guckten einen Film (Bad Boys irgendwas, war nicht meine Wahl aber ganz okay. Mein Lieblingsmoment war, dass die weibliche Nebenfigur und love interest des Hauptcharakters ihn nicht am Ende heiratet, sondern befördert wird.)

Als ich später das Schlafzimmer fegte, fand ich ein leicht zerstörtes Wespennest auf dem Fußboden. Das ist ungewöhnlich, die Dinger fallen eigentlich nie von alleine runter. Die zugehörige Wespe saß ziemlich weit oben im Gebälk, aber ich dachte mir nichts dabei. Nachts bewegen die sich eigentlich nicht. Jedenfalls legte ich mich hin und war schon im Halbschlaf, als ich ein leises bzz hörte. Ich machte das Licht an und sah zuerst Nina, die mit interessiertem Gesicht neben dem Bett hockte. Und dort krabbelte eben jene Wespe, um plötzlich taumelnd abzuheben und sich neben der Deckenlampe niederzulassen. Ich sperrte die Katzen ein und holte den Mann. Wir standen erst mal nur herum und beobachteten, es war schließlich schon spät. Die Wespe wirkte ziemlich angeschlagen, flatterte ständig mit den Flügeln und es sah aus, als würde sie jeden Moment herunterfallen. Das tat sie dann endlich auch und dort erschlug der Mann sie. Anders gings leider nicht, eine unberechenbare fünf Zentimeter große Wespe ist gefährlich für uns und die Katzen, und außerdem schien sie eh schon was abgekriegt zu haben. Ich tippe auf einen Geckoangriff.

Nach dieser Aufregung brauchten wir einen Moment, um wieder zur Ruhe zu kommen.

Sonntag hatte ich frei. Wir frühstückten (endlich mit roten Bananen!), dann mixte ich meine Brause mit dem neuen Ginger Bug und anschließend fuhren wir zum Supermarkt, noch ein paar Sachen besorgen, die wir neulich nicht bekommen hatten. Die Straßen waren erstaunlich voll für Pandemie und Fastenzeit, wir sahen auch viele Autos und Motorräder mit Kennzeichen aus Jakarta (wobei eins natürlich nie weiß, wie lange die entsprechenden Leute schon hier in der Stadt sind). Die ersten beiden Supermärkte waren einfach zu voll, erst der dritte wirkte okay. Allerdings hielt dort wirklich niemand Abstand, das war sehr frustrierend und so dauerte es einige Zeit, bis wir Marmelade, Knoblauchpulver, Ingwer und Butter zusammenhatten. Außerdem kauften wir Minze (juhu, ich freue mich schon auf Pfefferminzbrause!) und eine große Dose Kekse. Die sind im Ramadan der Renner, es gibt Hunderte verschiedene Sorten und fast jede*r hatte ebenfalls mindestens eine Keksdose im Einkaufskorb. Wir kauften beinah die gleiche Keksmischung, die es früher bei meiner Oma gab, wenn wir zu Besuch kamen. Seit ich nähe, denke ich viel an sie, denn sie war Schneiderin und würde sich sicher über meine Nähversuche freuen. Mein Handarbeitstalent hab ich jedenfalls eindeutig von ihr 🙂

Wieder zu Hause aßen wir Gudeg (gekauft) mit rotem Reis (selbst gekocht), dann machte ich noch den Abwasch und konnte hinterher endlichendlich machen, worauf ich mich schon den ganzen Tag gefreut hatte: mich an die Nähmaschine setzen. Eine Maske für den Mann wurde fertig, die anderen brauchen noch ein bisschen, denn ich musste ziemlich häufig Nähte auftrennen. Aber egal, ich hatte viel Spaß und hörte rechtzeitig auf, um vor Mitternacht im Bett zu sein.

1. Mai 2020 – Ein ganz normaler Freitag, aber mit Kartoffelsuppe

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Ich schlief nicht besonders tief, wachte dauernd auf (zum ersten Mal halb sechs, weil draußen jemand Müll verbrannte und das ganze Haus stank …) und träumte komisch. Zum Beispiel davon, dass Nina in einer großen Tupperdose schlief.

Unser Morgen verlief wie immer, mit der Ausnahme, dass Manfred nach dem Frühstück in die Küche kotzte und den Rest des Tages sehr anhänglich war. Da er aber ansonsten frisst, trinkt und sich normal verhält, scheint alles okay zu sein. Ihm zuliebe verzichtete ich auf meine Computermaus, damit er neben mir auf dem Schreibtisch schlafen konnte.

Bemerkenswert war noch, dass heute nach 33 Tagen die Batterie meines Fitnessarmbands alle war. So lange hält es erst, seit ich es auf die Werkseinstellungen zurückgesetzt hatte. Und ja, ich trage es täglich. Es muss zwar nie besonders viele Schritte zählen, aber versucht verzweifelt jeden Morgen, mich zu wecken.

Ich korrigierte fröhlich vor mich und und verstand e n d l i c h den Unterschied zwischen einer Ellipse und simpler Numerus-Kongruenz. Irgendwie hatte ich da die letzten Tage einen Knoten im Hirn. Währenddessen kochte der Mann Kartoffelsuppe mit Brokkoli und Pilzen, die unglaublich lecker war.

Nach dem Abendbrot setzte ich mich noch einmal an den Rechner, eigentlich wollte ich den Auftrag heute noch abschließen, aber das schaffte ich leider nicht. Macht nichts, dann eben morgen.

30. April 2020 – Einfach mal Pause machen

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Ein bisschen zu lange geschlafen, aber leider keine Zeit fürs Arbeiten vorm Frühstück. Das war eigentlich mein Plan gewesen, um den Abend freihaben zu können.

Workworkwork. Die Bachelorarbeit, die ich gerade am Wickel habe, ist gar nicht so schlimm, steckt aber voller verzwickter grammatikalischer Fragen. Vor allem die Kongruenz in Sätzen mit gereihten Subjekten bereitet mir plötzlich Schwierigkeiten und ich brauche meine gesamte Konzentration. Eine kurze Unterbrechung gabs, als unser Wasser geliefert wurde. Seit wir mehr kochen und ich dauernd Brause mache, reichen 40 Liter Trinkwasser nur wenige Tage.

Zum Abendbrot gabs Gudeg und anschließend süße Snackies. Und die letzte Brause.

Der Mann fuhr weg, um die Vapeshops zu beliefern, ich wollte eigentlich wieder arbeiten. Dann erwischte ich mich aber dabei, wie ich nur sinnlos im Internet herumklickte und machte kurzerhand den Rechner aus. Schnell abwaschen, schnell Ginger Bug füttern und dann die Nähmaschine aufstellen. Hach, was hatte ich sie vermisst. Den restlichen Abend verbrachte ich nähend und bügelnd, unterbrochen nur von gelegentlichem Fadensalat oder Katzen auf dem Nähtisch, es war die reinste Freude, ich hörte ohne Rücksicht auf mein Datenvolumen eine Podcastfolge nach der anderen und als ich aufhörte, war es plötzlich schon um elf.

Zuschnitt (okay, das war schon gestern).
Immerhin: eine fast fertige Maske.

Da ich wieder Masken schneiderte, dachte ich über diesen Artikel nach, den ich auf Instagram entdeckt hatte. Einerseits macht es mir großen Spaß, Masken zu nähen. Ich kann mit meinen Anfängerinnenfähigkeiten ein nützliches Produkt herstellen. Dabei recycle ich alte Kissenbezüge und Stoffreste, minimiere also Müll. Auch nach der Krise werde ich meine Masken bei langen Motorradfahrten tragen. Andererseits ist Nähen für mich Spaß und Entspannung, ich muss davon nicht leben. Und ich nähe nur für den Mann und mich. Ein kompliziertes Thema.

Jedenfalls ist Nähen anders als Stricken wirklich Arbeit, ich war ganz verschwitzt und lüftete erstmal das Haus ordentlich durch. Dann folgte das übliche Abendprogramm, war aber durch Müdigkeit sehr langsam und dadurch erst um 1 im Bett. Upsi.

29. April 2020 – Keine Zeit für die Nähmaschine, aber dafür war ich einkaufen

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Am Morgen durfte ich erstmal putzen, weil Manfred wahrscheinlich aus Protest gegen den dreckigen Wassernapf gesprüht hatte. My bad, aber hätte er nicht einfach aus einem der drei anderen sauberen Näpfe trinken können? Katzen.

Nach dem Frühstück brachen wir mit einer ellenlangen Einkaufsliste zum Supermarkt auf. Dort erwartete uns die übliche Prozedur aus Händewaschen und Temperaturcheck, dann durften wir rein. Ja, ich weiß, eigentlich ist zu zweit einkaufen unnötig und meistens ist der Mann auch allein unterwegs, weil ich noch keinen Führerschein habe (und er mehr Zeit hat), aber wir waren beinah die Einzigen im Supermarkt und ich muss halt auch manchmal raus. Die Straßen waren etwas belebter als sonst.

Wir kauften einen Einkaufswagen voller Zeug, darunter Spaghetti, Öl, roten Reis, Kaffee, Kecap manis, Instantnudeln, Küchenpapier, Anti-Mücken-Mittel, Seife und Gewürze. Himbeermarmelade und Zimt gabs leider nicht. Insgesamt bezahlten wir fast 700.000 Rupiah, das sind um die 43 Euro. Schwer beladen hielten wir auf dem Rückweg noch am Tierladen, um Vitaminpaste für die Katzen mitzunehmen.

Zu Hause gabs erstmal einen Eiskaffee und eine Pause, dann setzte ich mich an den Rechner. Da wars schon um 3 und es war klar, dass ich heute nicht mehr zum Nähen komme. Dafür experimentierte ich abends mit Zitronensäure als Kalkentferner im Bad. Dort ist nämlich vor dem Stöpsel des Wasserbeckens eine enorme Kalkkruste entstanden, weil unser Wasser enorm hart und der Stöpsel wahrscheinlich undicht ist. Daran habe ich schon mit Spachteln gekratzt, sie mit Essig und niedrig dosierter Salzsäure (wird hier zum Kloputzen verkauft) eingeweicht – ohne Erfolg. Aber die Zitronensäure schaffte es tatsächlich, einen Teil der Kruste zu lösen. Ich bin begeistert, endlich kein elendes Schrubben mehr.

Zum Abendbrot gab es nochmals Reste: ein bisschen Nudeln mit Tomatensoße, ein paar Stückchen Tempeh, roter Reis, Ei. Dann machte ich den Abwasch, fütterte den Ginger Bug, hörte Podcast und putzte halt das Bad.

Gerade haben Nina und ich ein neues Zubettgeh-Ritual. Wenn ich mich hinlege, lehne ich meine Beine gegen die Wand, damit der wehe Fuß ein bisschen abschwellen kann. Der wird abends weiterhin so dick, dass der Zeigezeh den Boden kaum noch berührt. Jedenfalls spiele ich dann Ninas Lieblingsvideo ab und binnen weniger Sekunden ist sie neben mir und kuschelt an mir rum. Das geht so zehn Minuten, bis sie plötzlich draußen was hört und davonhopst. Immer wieder schön.

28. April 2020 – Update zur C-Wort-Lage

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Von Manfred wach getrampelt worden, da wars noch nicht mal um sechs. Aufgestanden und in die Küche gewankt, nur um eine noch beinah volle Katzenfutterschüssel vorzufinden. War dem Herrn wohl nicht mehr knusprig genug. Eigentlich war ich ziemlich wach, legte mich aber trotzdem nochmal hin, ignorierte den Wecker um acht und stand um neun auf. Der Mann fuhr Eier und Bananen kaufen (die roten Bananen sind weiterhin steinhart, wir witzelten, dass es sich um reine Dekobananen handelt) und kam außerdem mit einer Tüte voll Snackies wieder.

Ab hier alles wie immer: Frühstück, Computerzeit, Abendbrot kochen und essen (Mie goreng mit frittiertem Tempeh, Ei für mich, Fisch für den Mann und kalte BRAUSE!), nochmal ein, zwei Stündchen arbeiten, Abwasch, Ginger Bug füttern (blubbert jetzt schon wie ein Großer), dann zur Entspannung einen Haufen Masken zugeschnitten.

Außerdem habe ich heute zum ersten Mal eine E-Mail an einen Bundestagsabgeordneten geschickt, um die Evakuierung der Flüchtlingslager in Griechenland anzuregen. Macht bitte auch mit und/oder spendet an die Seebrücke, das geht sogar per SMS. Die Lage ist ernst.

Weil hier eh kaum was Neues passiert, dachte ich mir, ich erzähle mal kurz, wie hier die Coronalage momentan ist.

Wollt ihr Zahlen? In Indonesien wurden momentan um die 9000 Leute positiv getestet, jeden Tag kommen recht stabil zwischen 200 und 400 neue Fälle dazu, der Großteil im Raum Jakarta. Allerdings sind so 200 000 Leute entweder in Quarantäne zu Hause oder im Krankenhaus, im letzteren Fall haben sie bereits Covid-19-Symptome. Hier in Jogja wurden insgesamt 93 Personen positiv getestet, hinzu kommen etwa 5000 Leute in Quarantäne (davon 700 im Krankenhaus). Die aktuellen Zahlen kann eins hier angucken.

Vor ein paar Tagen war die große Nachricht, dass sämtlicher Inlandstransport bis Ende Mai pausiert. Keine Flüge, keine Züge, keine Fähren und auch die Autobahnen sind zu. Denn Mudik, also die Tradition, am Ende des Ramadans seine Familie zu besuchen, fällt dieses Jahr aus. In einigen Städten herrscht bereits Ausgangssperre, die heißt aber nicht so, sondern versteckt sich hinter dem Akronym PSBB. Das steht für Pembatasan Sosial Berskala Besar, auf deutsch ungefähr: soziale Einschränkungen im großen Stil, vergleichbar mit den aktuellen Maßnahmen in Deutschland. Bei uns in Yogyakarta gilt PSBB noch nicht. Allerdings sind Schulen und Unis geschlossen, viele gehobene Restaurants liefern nur noch und die meisten Hotels sind wohl auch zu. In Supermärkten gilt schon lange eine Maskenpflicht (das bestimmt aber jeder Laden selbst) und überall stehen mehr oder weniger sinnvolle Handwascheinrichtungen herum. Die Einwanderungsbehörde hat schon lange zu. Meine Aufenthaltsgenehmigung gilt noch bis Ende Juni, danach kriege ich eine automatische Verlängerung, bis der Notfallstatus im Land wieder aufgehoben wird. Allerdings weiß ich noch nicht, wie viel Zeit ich dann habe, um die nächste Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen. Darum werde ich auf jeden Fall sämtlichen Papierkram vorbereiten, damit wir sofort reagieren können. Aber wer weiß schon, wann das ist.

27. April 2020 – Brausebrauerei

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Manfred weckte mich halb sechs, das macht er gerade ziemlich regelmäßig. Dabei hatte ich gerade so schön geträumt, dass ich mit zwei Freundinnen in einer ziemlich coolen Eisdiele war, die so Arbeitskabinen wie die Unibibliothek hatte. Leider wachte ich auf, bevor mein Zitroneneisbecher gebracht wurde, das war echt schlechtes Timing. Anschließend quasi sofort nach einem veganen Rezept für Lemon Curd gegoogelt, vegan, weil mir die Sache mit den Eiern zu heikel ist.

Der Mann schlief noch, also mixte ich erstmal in Ruhe meine Brause zusammen und filmte mich dabei. Bitte sehr:

Mein Starter (das Zeugs im blauen Glas) ist inzwischen verdächtig schaumig, darum war dies die letzte Brause damit. Keine Ahnung, warum ich ihn trotzdem noch mal gefüttert habe.

Frühstück wie immer, Porridge mit Bananen, Zimt und Ahornsirup wird mir nie langweilig.

Dann Computerzeit. Ich habe viel zu tun diese Woche, mehrere Texte wollen geschrieben und eine äußerst umfangreiche Bachelorarbeit will korrigiert werden. In keinem Buch lese ich momentan öfter als im Duden Band 9. Zwischendurch regnete es einmal kurz und heftig.

Außerdem wurde mein Bügeleisen geliefert. Nach dem Abendbrot (Fusion aus Spaghetti mit Tomatensoße, Gemüsepfanne und Spiegelei) machte ich erst den Abwasch und setzte einen neuen Ginger Bug an. Und dann probierte ich mein Bügeleisen aus. Sicherheitshalber mit Taschenlampe neben mir, unser Haus hat nur 450 Watt, da kann schon mal die Sicherung rausfliegen. Tat sie aber nicht. Hoch motiviert bügelte ich also erst lauter Stoffreste für Masken und dann den neulich gekauften Stoff, den ich anschließend für Kissenbezüge zerschnitt, die ich hoffentlich morgen nähen werde. Alles noch ein bisschen krumm und schief, aber das wird schon. Ich bin beim Stricken schon sehr perfektionistisch und ribbele lieber eine halbe Socke auf, anstatt eine leichte Unstimmigkeit hinzunehmen. Beim Nähen versuche ich, ein bisschen entspannter zu sein.

Dann wurde mein Fuß wieder dick und ich beeilte mich, unter die Dusche und ins Bett zu kommen, um ihn hochlegen zu können.

25. und 26. April 2020 – Wochenende im Zeitraffer

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Am Samstagmorgen weckte Manfred mich früh wie immer. Beim Aufstehen entdeckte ich mehrere kleine Kotzpfützen in der Küche, die wohl auf Ninas Konto gingen. Das war sicher die Nachwirkung des gestrigen Sabberns. Also durfte ich um halb sechs morgens erstmal putzen.

Noch ein bisschen schlafen, dann aufstehen und Frühstück machen. Anschließend Computerzeit, ich wollte unbedingt noch einen Text fertigkriegen. Damit war ich bis zum Abendessen (Spaghetti) gut beschäftigt. Mein Fuß, der am Morgen normale Form hatte, schwoll zum Nachmittag wieder an. Überhaupt ist es erstaunlich, wie sehr ein weher Zeh eins aus dem Trott bringen kann. Vor allem beim Klobesuch habe ich momentan Balanceprobleme*.

Abends fuhren wir kurz bei meiner Schwiegermutter vorbei, um ihr Spaghetti und eine Flasche meiner Brause zu bringen. Im Gegenzug bekam ich eine Tüte voller Stoffreste in verschiedenen Batikmustern. Aus einigen werde ich noch ein paar Masken schneidern, der Rest wird sich gut als Innenfutter von Taschen oder Applikation machen. Es war übrigens das erste Mal, dass ich meine selbst genähte Maske ausführte und sie sitzt wirklich gut.

Sonntag begann kuschlig mit einem schlafenden Manfred neben mir, der seine Füßchen ins Guling stemmte. Dann Frühstück (die roten Bananen sind noch immer nicht reif …). Der Mann musste in der Küche noch mal Insektenmittel sprühen, weil einige Tausend Ameisen über den Ölrest in einer Pfanne hergefallen waren. Nach dem Frühstück wischte ich daher den Fußboden, um alle Reste des Mittels zu entfernen. Um das unterhaltsamer zu gestalten, probierte ich eine neue App aus, die Zeitraffervideos macht und hatte damit sehr viel Spaß. Außerdem wusch ich meine Umhängetasche und eine Fuhre Schlüpfer und schnippelte eine große Menge Gemüse fürs Abendbrot.

Nach dem Essen (roter Reis, Gemüsepfanne und Ei) machte ich den Abwasch und kochte podcasthörend neue Brausebasis. Zur Abendgestaltung guckten wir Knives Out (sehr zu empfehlen!) und aßen Kekse.


* Wir haben ein Hockklo und zum Hocken braucht eins Zehen.